Augenbewegungen: Ein Spiegelbild der Gehirnfunktion
Neurologische Erkrankungen und Störungen des Gehirns sind weiter verbreitet, als den meisten Menschen bewusst ist. Statistiken zeigen, dass bis zu 30 % der Bevölkerung mindestens einmal in ihrem Leben von Krankheiten betroffen sind, die die Funktion des Gehirns beeinträchtigen. Dazu gehören Krankheiten wie Schlaganfall, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose und traumatische Hirnverletzungen nach Autounfällen oder anderen Formen von physischen Traumata.
Die verschiedenen Erkrankungen und Verletzungen des Gehirns können zu einer Reihe unterschiedlicher Symptome und Funktionseinschränkungen führen. Sowohl sichtbare körperliche Behinderungen wie Muskelkrämpfe und Lähmungen in einem Arm oder Fuß als auch unsichtbare Symptome wie Müdigkeit und Schwindel. Die körperlichen Behinderungen sind leichter zu verstehen und zu erfassen als die "unsichtbaren", da sich die Muskelkraft und die Beweglichkeit von Armen und Beinen leicht messen lassen. Die unsichtbaren Symptome hingegen sind oft schwer zu verstehen, zuzuordnen und zu messen, wenn sie auf Funktionsstörungen im Gehirn und Nervensystem zurückzuführen sind. Zu den "unsichtbaren" Symptomen können Müdigkeit, Hirnnebel, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Überempfindlichkeit gegenüber Sinneseindrücken und Schmerzen gehören.
Glücklicherweise gibt es große Fortschritte in der Hirnforschung und in der Frage, wie wir die Funktion des Gehirns und des Nervensystems nach Verletzungen und Krankheiten messen und trainieren können. Seit dem späten 19. Jahrhundert wurde viel über die Funktion des Gehirns geforscht und darüber, wie Augenbewegungen uns die Funktion bestimmter Teile des Gehirns und des Nervensystems verraten können. Die Forschung auf diesem Gebiet hat in den letzten Jahren zusammen mit der Erforschung von Technologien zur Messung von Augenbewegungen zugenommen und uns viele wichtige Informationen über die Vorgänge im Gehirn bei Verletzungen und Krankheiten geliefert. Dazu gehört ein besseres Verständnis der Funktion von Teilen des Gehirns, die an der körperlichen Bewegung, dem Gleichgewicht und der Koordination, der Verarbeitung von Sinneseindrücken und den kognitiven und exekutiven Funktionen beteiligt sind.
Die Forscher setzen unter anderem die Videonystagmographie (VNG) ein, um verschiedene Formen von Augenbewegungen zu messen. Diese Untersuchungsgeräte ermöglichen gründliche datengestützte Messungen gezielter feinmotorischer Augenbewegungen durch die Erstellung von Videos und Diagrammen, die den Vergleich zwischen einer normalen Hirnfunktion und Patienten, die eine Hirnverletzung oder -erkrankung erlitten haben, erleichtern und verbessern. Die Forscher nutzen diese Untersuchungsmethoden auch, um zu beurteilen, ob Behandlung und Rehabilitation die gewünschte Wirkung auf die Hirnfunktion hatten. In verschiedenen Teilen der Welt durchgeführte Untersuchungen zeigen, dass Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben, eine deutlich verringerte feinmotorische Kontrolle über zielgerichtete Augenbewegungen sowie eine verminderte körperliche und kognitive Funktion aufweisen. Gleichzeitig zeigt die Forschung, dass eine verbesserte feinmotorische Kontrolle der zielgerichteten Augenbewegungen nach einer gezielten neurologischen Rehabilitation mit einer besseren Erholung nach einem Schlaganfall einhergeht. Sowohl die körperlichen als auch die kognitiven Funktionen verbessern sich.
Die gleiche Art von Studien wurde auch bei Patienten mit Hirnschäden nach einem Kopftrauma, Multipler Sklerose (MS) und der Parkinson-Krankheit durchgeführt.
Dank dieser Forschung stehen uns heute mehrere Bewertungsinstrumente zur Verfügung, die uns objektive Testergebnisse liefern, die uns wichtige Informationen darüber geben, wie wir die neurologische Rehabilitation maßschneidern können, und uns sagen, ob die Rehabilitation die Gehirnfunktion verbessert hat und das Potenzial hat, sowohl die motorischen als auch die kognitiven Funktionen zu verbessern.
Brain Camp nutzt die Video-Nystagmographie (VNG) und andere computergestützte Untersuchungsmethoden, um die neurologische Rehabilitation maßgeschneidert zu gestalten. Diese Tests spielen auch eine wichtige Rolle bei der Beurteilung, ob die Rehabilitation die gewünschte Wirkung auf die Funktion des Gehirns und des Nervensystems erzielt hat, um das bestmögliche Potenzial zur Verbesserung der Symptome und der Lebensqualität zu bieten.
Wir werden mehr darüber schreiben, wie verschiedene Formen gezielter Augenbewegungen Aufschluss darüber geben können, wie das Gehirn funktioniert, und wie wir Augenübungen zur Rehabilitation des Gehirns und des Nervensystems einsetzen.
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